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„Die Zeit. Was für ein tückisches Miststück…“

von | 1.August 2009

…Mein Gehirn tut richtig weh. Mein Kopf ist an zwei Orten.“ Das sagt Clive Owen in „Hautnah“. Fragt mich nicht, wie der Originaltitel des Filmes lautet und warum ich ihn mir angesehen habe. Diese wohlig warmen Worte waren jedoch das Einzige, was mir gestern ein Lächeln in mein vom Schlafmangel gezeichnetes Gesicht zaubern konnte. Die Worte haben perfekt zu meiner Situation gepasst. Wieder mal erst einen Tag vor der Klausur angefangen zu lernen, quasi die allerletzte Eisenbahn schon verpasst und ein Taxi genommen, um sie einzuholen. Einige aufmüpfige Gymnasiasten werden mir jetzt wahrscheinlich innerlich am liebsten raunend ein „Na und? Reicht doch!“ an den Kopf werfen. Ich weiß, dass das reicht. Genau das ist ja das Schlimme, dass man mit dieser Methode immer wieder Erfolg hat. Gesund kann das trotzdem nicht sein. „I want to thank god, my parents and the Minimalprinzip“, so werde ich mich äußern, wenn ich irgendwann mal den fragwürdigen Titel Bachelor mein eigen nennen kann. Und überhaupt Bachelor: Bis vor Kurzem für mich ein zweifelhafter Schönling mit einer Rose in der Hand vor einem Harem von ansehnlichen Frauen, deretwegen man ab und zu beim Zappen im Unterschichten-Fernsehen hängen blieb.

Und überhaupt Parents: Heute nach der Klausur habe ich mit meinem Dad telefoniert. Meine verbale Teilnahmslosigkeit provozierte ihn zu der Frage, wie ich mich fühle. Unbewusst versuchte sich mein Gesicht an einer Olli-Kahn-Gedächtnis-Aktion: Den Mundraum bis zur letzten Lücke voll aufgebläht und die angestaute Luft dann langsam und angestrengt hinaus stoßend. „Ausgebrannt“ war das Wort, was er mir aus der Nase zog. Ich hätte ihn gern darauf hingewiesen, dass man mir in diesen Tagen lieber nichts aus der Nase zieht. Mein Immunsystem ist wohl eher nicht die Art von Partner, die Vernachlässigung so leicht auf sich sitzen lässt und hat sich dementsprechend für die Vernachlässigung mit einem veritablen Schnupfen an mir gerächt.

Ausgebrannt ist das nächste Stichwort. Ausgebrannt ist anscheinend auch der Ofen des Bäckers meines Vertrauens. Unter strahlend blauem Himmel und mit „The Sun“ von „Portugal. The Man“ im Ohr schlenderte ich zur Eingangstür von Werner’s Backstube (denen hätte mal jemand sagen sollen, dass ein Apostroph da wirklich fehl am Platz ist). Ein Etablissement, das sich normalerweise durch die besten Brötchen der Welt auszeichnet. Der Name dieser Köstlichkeiten ist „Meenzer“, unterscheidet sich aber in Geschmack und Konsistenz deutlich von seinen Brüdern „Hamburger“ oder „Berliner“.

Fehl am Platz habe ich mich dann jedenfalls auch gefühlt, als ich einen Blick über die Theke, den Tresen, ach, ihr wisst doch, was ich meine…, geworfen hatte. Heute sahen die Meenzer nämlich alles andere als köstlich aus. Eher wie viele kleine vom Sonnenbank-Flavour geröstete Nachwuchs-Gangsterrapper. Ach, was solls… „Sieben Meenzer, bitte!“, hörte ich mich sagen, obwohl mir „Portugal. The Man“ gleichzeitig ungesund laut „I will make my home here“ ins Ohr trällerten. Sieben dunkelbraune Meenzer und ich, wir werden uns in den nächsten Stunden gegenseitig die Zähne daran ausbeißen, mich durch eine weitere lerngetränkte Nacht zu bringen. Morgen liegt nämlich bereits die nächste Klausur an… und seit gestern weiß ich, dass die Zeit „ein tückisches Miststück“ ist.


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