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Zeit zum Lesen: Ich empfehle „Love is a Mix Tape“ von Rob Sheffield
von Thomas | 27.August 2009
Es sind Semesterferien. Endlich hat man mal Zeit für die wirklich wichtigen Dinge. Verreisen. Musik hören. Bücher lesen. Ein Buch, das ich euch wirklich ans Herz legen möchte ist „Love is a Mix Tape“ von Rob Sheffield. Es fiel mir am Wolfsburger Hauptbahnhof in die Hände, weil es als so genanntes „Mängelexemplar“ gekennzeichnet war und somit für dankbare drei Euro zu haben war. Ganz nebenbei ist „Mängelexemplar“ übrigens auch das brillante, vor kurzem veröffentlichte, wirklich empfehlenswerte Romandebüt von Sarah Kuttner.
„Über Musik schreiben ist wie zu Architektur tanzen.“ Das dabei manchmal auch großartiges herauskommen kann, beweist Rob Sheffield in seinem ersten Buch. In „Love is a Mix Tape“ beschreibt der Autor des amerikanischen Rolling Stone die Liebe zu seiner 1997 verstorbenen Ehefrau Renée Christ anhand 15 verschiedener Mixtapes. Beide Protagonisten des Buches waren, wie sich bei der Lektüre herausstellt, nicht nur in den jeweils anderen, sondern auch furchtbar in die Musik der 90er Jahre verliebt. Wenn ich „Musik der 90er Jahre“ schreibe, meine ich nicht die Techno-Trash-Hits, die auf 90er Jahre-Studentenpartys rauf und runter gespielt werden, sondern Pavement, Nirvana oder Teenage Fanclub.
Die musikalische Passion Rob Sheffields verdeutlicht auch ein Interview mit dem Blog babygotbooks.com aus dem Jahr 2008, in dem er gefragt wird, ob er etwas lieber aus dem Buch herausgelassen hätte und ob er gern etwas hinein gebracht hätte, was nicht drin ist. „Love is a Mix Tape“ ist ein sehr intensives und intimes Buch über eine sehr persönliche Tragödie. Nichtsdestotrotz sind es nicht die Intimitäten und Gefühle, die Sheffield gern nicht im Buch gehabt hätte, sondern ein Mixtape mit dem Song „My Baby’s Got Sauce“ von G Love and Special Sauce. Auf der anderen Seite bereut er es, dass kein Mixtape in dem Buch mit einem Dusty Springfield-Song bespielt ist.
Ich zitiere mal ‚kurz’ zwei beispielhafte Ausschnitte aus „Love is a Mix Tape“.
Nummer 1: „Jedes Mal, wenn ich mich in eine Frau verknalle, habe ich die gleiche Phantasie: Ich stelle mir uns beide als Synthie-Pop-Duo vor. Egal wer sie ist und wie wir uns kennenlernen, die Synthie-Pop-Duo-Phantasie muss funktionieren, sonst verpufft meine Verliebtheit schnell wieder. Ich habe auch andere musikalische Phantasien zu den Frauen, in die ich verliebt bin – ich male mir uns als Gram-und-Emmylou-Country-Duo oder als Gitarristen in einer Rockband aus, die Gesangsparts wechseln wie Mick und Keith. Aber für mich läuft es am Ende immer auf die Synthie-Pop-Duo-Phantasie hinaus. Das Mädchen steht vorne, lässt den Rock wirbeln und schüttelt das Haar, ein lebhaftes kleines Feuerwerk. Ich bin der Junge im Hintergrund, versteckt hinter meinem Roland-JP8000-Keyboard. […]“
Nummer 2: „Mir war mit einem Mal, als würden alle Songs im Radio von Renées Tod handeln. Ich hörte „Creep“ von Radiohead und es klang, als würde Tom Yorke singen: „I’m a creep, I’m a widow.“ Oder auf „Crazy on You“ von Heart hörte ich Ann Wilson flüstern, sie habe geträumt, sie sei eine Witwe am Fluss. Vor Renées Tod hatte ich immer gedacht, dass Radiohead von einem „weirdo“ singen und Heart von einer „willow“, einer Weide, träumen. Jetzt würde ich diese Songs nie wieder so hören wie früher.“
Ich behaupte mal ganz frei, dass jedem Musik liebendem Menschen, der Spaß daran hat, für sich oder seine Mitmenschen Mixtapes oder Mix-CDs aufzunehmen, dieses Buch gefallen wird. Es wird durchaus dem Anspruch gerecht mit „High Fidelity“ oder „Soloalbum“ in eine Schublade oder in ein Bücherregal gesteckt werden zu können.
Love is a Mix Tape von Rob Sheffield (Deutsch von Kristina Lutze, erschienen 2008 im Verlag Kiepenheuer & Witsch, 8,95 Euro)
künstlerkollektiv: dusty springfield, Heart, nirvana, Pavement, radiohead, Rob Sheffield, Sarah Kuttner, teenage fanclub
file under: und so | 3 kommentare »
27.August 2009 at 3:24 pm
Du wirst lachen: ich hab mir das Buch letzte Woche bestellt und wartet nur darauf gelesen zu werden. Erst war ich skeptisch, da ich mehr oder weniger auf den Titel angesprungen bin, aber deine Rezension lässt es mich kaum erwarten :)
27.August 2009 at 10:48 pm
i heart heart..
„i was a willow last night in my dream, i bent down over a clear running stream.. sang you the song that i heard up above and you kept me alive with your sweet flowing love“
30.August 2009 at 1:46 pm
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